Gefährdet Digitalisierung Arbeitsplätze?

In der breit geführten Debatte rund um die Digitalisierung der Arbeitswelt wird auch immer wieder das Argument genannt, dass die mit der Digitalisierung verbundene, fortschreitende Automatisierung Arbeitsplätze gefährdet. Dieses Argument erscheint prima vista schlüssig. Bereits die harten Arbeitskämpfe in der Druckindustrie in den 70er-Jahren belegen diese Korrelation und legen einen vorsichtigen Umgang mit Automatisierungsbestrebungen nahe, um den gesellschaftlichen Frieden nicht zu gefährden. Vermutlich erklärt sich daraus auch der vorsichtige Umgang mit Digitalisierungsbemühungen in Deutschland und vielleicht auch besonders in der dienstleistungsgeprägten und traditionellen Werten verpflichteten Verwaltung. 

Die öffentliche Wahrnehmung und Rezeption ist jedoch nur eine – valide – Seite der Medaille. Die andere ist die Faktenlage. Dieser hat sich jüngst das IAB (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, als Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit) angenommen und die tatsächlichen Zusammenhänge zwischen Automatisierung und strukturelle Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt untersucht. Webbeitrag Autoren: PD Dr. Hermann Gardner, Dr. Heiko Stüber.

Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass die Rate des Arbeitsplatzabbaues mit 9,5 % unter der Rate des Arbeitsplatzaufbaues mit 9,7 % liegt. Es kommt also per Saldo zu einem Mehr an Beschäftigung. Die Erkenntnis ist aber differenziert zu betrachten, weil die Saldo-Frage je nach Grad der Qualifizierung positiv bzw. negativ ausfällt. Geringqualifizierte müssen seit den 1970er-Jahren per Saldo mit weniger Beschäftigungsmöglichkeiten zurecht kommen als Hochqualifizierte. Die technologische Entwicklung bringt also ein gesteigertes Maß an Qualifizierung mit sich.

Öffentliche Verwaltung

Für die Beschäftigung in der Öffentlichen Verwaltung fällt die Bilanz positiv aus: 4,9 % Arbeitsplatzaufbaurate vs. 4,7 % Arbeitsplatzabbaurate. Die Forscher haben in einem weiteren Schritt den Saldo mit der so genantnen Arbeitsplatzumschlagrate korreliert. Die öffentliche Verwaltung hat mit 4,81 die niedrigste Arbeitsplatzumschlagrate und liegt mit 30 % direkten Wechsel nach Abgang zu einem neuen Arbeitgeber im guten Mittelfeld. Das bedeutet, dass die Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung vom technologischen Wandel profitieren und selbst bei Rationalsierungsmaßnahmen mit direkter personalpolitischer Auswirkung sich wenig Gedanken um eine Folgebeschäftigung machen müssen.

Digitalisierung

Um den Einfluss der Automatisierung und der Digitalisierung auf die Beschäftigung näher zu beleuchten, haben die Forscher zwei Fragen beantwortet:

  • Ist in Brachen mit einem hohen Digitalsierungsgrad der Umschlag der Beschäftigten höher? 
  • Landen Beschäftigte aus Branchen mit höherem Digitalisierungsgrad häufiger in dem Status arbeitslos?

Um es kurz zu machen, für beide Fragen kann nach den Forschern Entwarnung gegeben werden. Die Zusammenhänge verdeutlichen die beiden Graphen in der Datei.

Abschließend kann nach Auffassung des IAB also nicht von einem per se negativen Einfluss fortschreitender Automatisierung und Digitalisierung auf die Beschäftigungslage gesprochen werden. Gleichwohl müssen die Beschäftigen den technologischen Wandel mitgehen und sich entsprechend qualifizieren und fortbilden.