Das Layout der bisherigen und auch der aktuell konzipierten Airports richtet sich immer nach dem selben Prinzip: Flugzeuge fahren nach der Landung eine Parkposition an einem Terminal oder auf dem Flugfeld an. Dort werden sich dann die weiteren Ladungs- und Servicearbeiten abspielen. Die Dimensionierung von Flughäfen bestimmt sich deshalb primär nach diesen Park-/Servicepositionen in den stärker frequentierten Zeiten und beeinflusst damit gleichzeitig deren Größe und Kapitalbedarf. Vice versa ist die Anzahl der Parkpositionen der wesentliche, limitierende Faktor für die Kapazität des Flughafens (neben der Anzahl der Runways).
Die an der Parkposition durchgeführten Abläufe sind dann immer die selben: Aussteigen der Passagiere, ggfs. Wechsel der Crew, Entladung von Verbrauchsgütern und Sanitäranlagen, Reinigung, Beladung mit Verbrauchsgütern, Auftanken, technischer Check (innen wie außen), Push-back auf das Vorfeld und Rollen zur Startbahn usw.
Der Ablauf von Landung bis zum erneuten Start eines Flugzeugs setzt also voraus, dass stets ausreichend Plätze für die Flugzeuge im Service verfügbar sind und das diese nach festgelegter Reihenfolge ablaufen und aufwändig orchestriert werden müssen. Dazu ist das Bodenpersonal ständig in Bewegung und fährt die jeweiligen Flugzeuge ab. Dadurch entstehen Leerzeiten, welche die Produktivität reduzieren. Weitere Folge sind an frequentierten Airports entsprechend raumgreifende Terminals und große Vorfelder, welche aufwändig zu errichten und zu unterhalten sind.
Die logistische Ausgangssituation an heutigen Flughäfen ist also stets gleich zu beschreiben: Flugzeuge kommen an, reihen sich in die Warteschlange ein und fahren sequentiell Stationen an, an denen fortlaufend die gleichen Prozesse durchgeführt werden. Anzahl und Durchlaufzeit pro Station limitieren Durchsatz und Produktivität. Weil Flughäfen nicht beliebig groß werden können, unterscheiden sich die Stationen durch ihre Entfernung zum eigentlichen Ziel, dem Terminal, nur durch ihre Nähe zu diesem (Parkposition auf Flugfeld weiter außen, Vorfeldposition, direkter Terminalanschluss durch Finger bzw. Fluggastbrücke) und somit auch die Preise, welche die Fluggesellschaften an den Airport zu entrichten haben. Nicht unerwähnt soll natürlich nicht bleiben, dass je weiter die Parkposition vom Terminal entfernt ist, desto langwieriger und unkomfortabler der Transfer für die Fluggäste ist (z.B. lange Fahrten mit dem Bus übers Vorfeld, weite Inter-Terminalstrecken usw.)
Konzept Autonomous Airfield
Das vom Autor erstellte Konzept des smarten, autonomen Flugfeldes löst die die strenge, sequentielle Reihung der ground time eines Flugzeuges durch das Durchlaufens der einzelnen Servciestationen auf. Dafür ist es notwendig, dem Flugzeug auf dem Boden eine Beweglichkeit frei in x- und Y-Richtung zu geben und dessen Immobilität am Boden aufzuheben. Derzeit kommen die Serviceeinheiten zum Flugzeug, Beim Konzept Autonomous Airfield fahren die Flugzeuge die einzelnen Servicestationen an und verbleiben dort nur so lange, bis die jeweiligen Arbeiten dort erledigt sind. Danach erfolgt die Anfahrt an die nächste Servicestation oder ein Zwischenparken auf dem Vorfeld (Zwischenlager) und die Eintaktung gemäß Flugplan und Verfügbarkeit an die verbleibenden Servicestationen.
Fieldracer – autonome, selbstfahrende und freipositionierbare Logistikplattformen für Luftfahrzeuge
Damit dies gelingt, muss das Flugzeug an diesen in der richtigen Reihenfolge und zu dem jeweils gerade frei gewordenen Platz vorbeigeführt werden. Das Prinzip lässt sich also mit einer Fließfertigung vergleichen, bei denen das zu bewegende Objekt an Serviceinseln vorgeführt wird oder diese sogar mit dem Objekt mitbewegen.
Kern des vom Autor konzipierten Konzepts ist eine stabile Plattform, Fieldracer, auf die das Flugzeug nach Abdrehen von der Landebahn auffährt und dann die Maschinen ausstellt. Kurz danach wird das Fluggerät an die ebenfalls auf der Plattform aufgebrachte Energieserviceeinheit (APU) angeschlossen. Die Plattform ist strukturell mit selbstfahrenden Tiefladeplattformen vergleichbar. Sie ist aber auf der Stelle wendbar und in alle Richtungen bewegbar. Die Steuerung übernimmt die aus der Binnenlogistik bekannte Steuerung von selbstfahrenden Produktionsplattformen, wie sie bspw. aus der industriellen Automobilfertigung bekannt sind. Die Plattform übernimmt ab dann die Anfahrt von allen weiteren Servicestationen und liefert am Ende das Flugzeug wieder an dem Übergabepunkt zur Startbahn ab.
Die Fieldracer sind autonom konfiguriert, mind. Stufe 4, und haben Kenntnis über das transportierte Flugzeug und dessen Anfahrpunkte. Sie bewegen sich normalerweise vollkommen autonom zu diesen. Im Rahmen der Vorfeldüberwachung kann manuell auf die Fieldracer Einfluss genommen werden. Da durch hinteren Rumpf, Leitwerk und insbesondere Flügel Überstände vorhanden sind, berücksichtigt der Fieldracer bei der Berechnung seines Fußabdruckes diese ebenfalls mit. Zur weiteren Kollisionsvermeidung erfolgt eine Nahfeldüberwachung über Radarsysteme (LIDAR) und Kameras. Weiterhin ist die Möglichkeit vorgesehen, die manuelle Steuerung vor Ort mit einer Fernsteuerung zu übernehmen.
Jede Kommunikation innerhalb des Fieldracers und insbesondere nach außen ist verschlüsselt (mind. AES 256) und die IT-Sicherheit wird aktiv gemanagt.
Der Antrieb der Fieldracer erfolgt baw konventionell über einen Dieselgenerator, welcher hydraulische Kraft für die Hydraulikmotoren an den Antriebsräder bereitstellt. Alternativ könnte über eine Elektrifizierung nachgedacht werden, wobei eine zusätzliche Servicestation für das Nachladen/Austauschen der Akkumulatoren oder die Wiederbefüllung einer Brennstoffzelle einzutakten ist.
Servicestationen
Die Servicestationen, welche von den Fieldracern mit den Huckepack-Flugzeugen, angefahren werden sind im Kern die selben wie man sie an heutigen Airports in vielfältiger Ausführung findet, also Aussteigen der Passagiere, Betankung, Boarding usw. Jeder Fieldracer verbleibt nur so lange an der Servicestation, wie es zur Erledigung der dort auszuführenden Arbeiten notwendig ist. Dimensionierung und Häufigkeit der Stationen können dabei leicht durch die Algorithmen errechnet werden, welche zur Berechnung von Warteschlangenproblemen gebräuchlich sind (z.B. Erlang usw.). Stationen mit kurzer Verweilzeit werden dabei weniger häufiger benötigt als Stationen mit längerer Verweilzeit. Notwendige Ressourcen wie Personal, Tankstellen, Passagiereinrichtungen usw. können somit einerseits minimal hinsichtlich deren Häufigkeit und maximal hinsichtlich deren Auslastung, Professionalität und Automatisierung gehalten werden.
Treten Engpässe durch unerwartet lange Verweilzeiten an einer Station auf, können Fieldracer schnell an eine Station (entweder die nächste normal vorgesehene oder eine nächste, soweit technisch und sicherheitstechnisch möglich) weiterdelegiert werden. Sollten unvorhergesehene Probleme entstehen, kann ein Fieldracer auf eine Außenposition geparkt werden.
Schematische Darstellung
Vorteile
- Deutlich geringerer Platzbedarf für Vorfeld, Terminals und Serviceeinheiten
- Reduzierte Umweltbelastung durch kürzer laufende Triebwerke
- Reduzierte Ressourcen für Serviceeinheiten bei gleichzeitiger Ertüchtigung von diesen auf maximale Komfortabilität bzw. Produktivität
- Konzentration von Passagierströmen und damit höhere Grade an Automatisierung und Ausstattung an den Customer Touchpoints
- Reduktion der totalen Verweilzeit der Flugzeuge am Boden
- Insbesondere für Airports im city-nahen Bereich mit limitierten Flächen geeignet
Rahmenbedingungen
- Konzeption und Fertigung Fieldracer-Plattform: Traglast in der Heavy-Duty-Version 700 t, Large-Version 550 t, Mid-Size-Version 400 t, Small-Size-Version 300 t
- Umbau (bzw. Berücksichtigung bei Neubau) von zentralen Serviceeinheiten
- Neuorganisation Flughafenlogistik
- Anpassung Ressourcen und Ertüchtigung von diesen für neue Arbeitsabläufe
- Compliance mit Bestimmungen (FAA usw.)
Denkbare Erweiterungen
Neben der frei konfigurierbaren Mobilisierung der Flugzeuge kann natürlich auch die Flotte der Servicefahrzeuge autonom sowie teilautonom mobilisiert werden. Fahrerlose Transportsysteme aus der heutigen Produktionswelt der Industrie könnten hier die Vorlage sein und schnell konfigurierbar sein.
Die Vorfeldüberwachung könnte dahingehend optimiert werden, dass die historisch aufgezeichneten Wege und Positionsdaten der Objekte mit Analysemethoden des Data Science (Big Data, neuronale Netze etc.) untersucht werden. Erkenntnisse daraus können dann iterativ umgesetzt werden.
Auch wäre es denkbar, die Vorfeldüberwachung mit Techniken der Augmented Reality mit mehr relevanten Informationen in der konkreten Überwachungssituation zu versorgen. Dies kann über traditionelle Bildschirme oder über Datenbrillen erfolgen.
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