Gewinnsparen – Kann man Sparen durch Gewinnanreize fördern?

Die erste spontane Antwort auf die in der Überschrift gestellte Frage drängt sich geradezu auf: natürlich kann man das Sparen fördern, wenn man besondere Elemente des zusätzlichen Gewinnes herausstellt. Die über Jahrzehnte positive Entwicklung der deutschen Gewinnsparvereine mit dieser besonderen Kombination von Sparen und dem großen Zufallstreffer legt dies nahe.

Tiefer geblickt, ergeben sich aber durchaus Zweifel, ob diese Kombination tatsächlich so sinnvoll ist und dem Verbraucher zu empfehlen ist? Sparen als kontinuierlicher Vermögensaufbau mit kleinen Beiträgen und einem hohen Maß an Erhalt der eingezahlten Sparanteile ist an sich unvereinbar mit dem Wunsch des hohen, mühelosen Gewinnens im Glücksspiel.

Gleichwohl sind diese Produkte in den jeweiligen Glücksspielmärkten durchaus beliebt. In Großbritannien gab es dazu schon in den 50er-Jahren ein Programm der britischen Regierung, welches dem Kauf von Staatsanleihen (Premium Bonds) ankurbeln sollte. Den besonderen Anreiz stellten eben zufällig – im Rahmen einer Lotterie – zu erzielende Gewinne da, welche dann steuerfrei den Anlegern zugute gekommen sind. Im Londoner Science Museum kann man dazu die eigens dafür gebaute Maschine

Electronic Random Number Indicator Equipment = ERNIE

bewundern.

Ernie in London

Der damalige Finanzminister und spätere Premier, Harold Macmillan, stellte sich als Protagonist zur Verfügung.

Nun ist die aggressive Bewerbung von Regierungsanleihen nichts Neues und auch die Absicht diese an langfristigem Vermögensaufbau interessierte Bürger mit dem Versprechen eine bessere Geldanlage als in Sachwerte oder Unternehmenswerte anzudienen ebensowenig, aber bemerkenswert ist doch die werbliche Nutzung der technologischen Entwicklung im Computer-Bereich für die Zwecke – zumindest für die damalige Zeit 1956-57.

Nun zurück zu der Ausgangsfrage: der oppositionelle Schatten-Finanzminister, Mr. Wilson, verurteilte die Vorgehensweise der Regierung und nannte sie sinngemäß eine schlecht gemachte Form des Raffle-Spieles (welches ziemlich populär in UK und Irland ist), welches die Sparer zu riskantem Tun verleiten würde. Die späte Ehrenrettung liefert nun das Ergebnis einer Untersuchung von K. Atalay, B. Bakhtin, S. Genug und R. Slonim in der Studie „Savings an Prize-Linker Savings Accounts“. Die Autoren stellen darin fest, dass die Hereinnahme eines zufälligen Elements in eine traditionelle Sparform quasi die jeweils negativen Elemente kompensiert und die Stärken beider Geldverwendungsformen addiert: Chance auf hohen Gewinn plus Sicherheit und Bewahrung eines signifikanten Anteils des eingesetzten Geldes. In Großbritannien sind zwischenzeitlich schon 21 % der Finanzanlageprodukte nach diesem Schema gestaltet. In Deutschland wird dieses Feld eher unauffällig von der Postbank, den Sparkassen und den Volks- und Raiffeisenbanken bearbeitet. Immerhin mit einem Volumen von ca. 500 Millionen im Jahr! Dies ist schon beachtlich, aber gemessen an den 70 Mrd. Gesamtglücksspielvolumen, welches die Länder in ihrer Evaluation zum Glücksspielstaatsvertrag festgestellt haben wollen, sicher noch gering.

Die Frage muss nach diesen Erkentnissen und den empirischen Erfahrungen wohl mit „Ja“ beantwortet und die erste Einschätzung bekräftigt werden. Sparen kann durch gezielte Gewinnanreize gefördert werden. Die Frage des richtigen Maßes und der Vermeidung von ungewolltem Konsumentenverhalten stellt sich dabei wie ebenso dual, einerseits durch die volkswirtschaftlich möglicherweise bedenkliche Überprotegierung einer sowieso schon hohen Sparneigung in einer Bindewirtschaft und andererseits in der sozial-verträglichen Ausgestaltung der Glücksspielkomponente.

 

Quellen und weiterführende Links:

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